IKAROS, der Sohn des Dädalos, erhält durch die Kunstfertigkeit seines Vaters die Möglichkeit, sich in die Luft zu erheben und zu fliegen. Doch dessen Ermahnungen, sich an den Mittelweg zu halten, weder zu hoch noch zu niedrig zu fliegen, schlägt er in den Wind. Fasziniert vom Sonnenlicht und unbekümmert um alle Gefahren, steigt er immer höher - und stürzt in die Tiefe. Der uralte Traum vom Fliegen endet wieder einmal mit einem Absturz. „Und dennoch! um wieviel geborener stündlich/ zu leben ist’s/ an Gestaden, hell von Traum/ und Zeugung, denn in Todesgedörn/ der alten Angst“ (Erich Arendt). Dädalos erliegt nicht der Versuchung, er meidet die Gefahr, erreicht das Festland und gewinnt die Freiheit, doch um welchen Preis.
Der Peruaner Alonso Alegria greift diese alte Sage auf und wandelt sie ab. In seinem Stück „Die Überquerung des Niagara-Falls“ treffen ein alter Routinier und ein junger Enthusiast aufeinander, beide haben ihre Grenzen, doch der eine hat, was dem anderen fehlt, zusammen können sie den Versuch wagen, unmöglich Scheinendes zu vollbringen. Ihre Partnerschaft ist Herausforderung und Ergänzung, sie potenziert ihre Kräfte und bündelt sie. So verschmelzen beide zu einem Doppelwesen, dem das Unglaubliche gelingt und das zur Metapher wird für eine kreative Gemeinschaft.
Sein Name ist IKARON.
Und IKARON wird so zum Bekenntnis: Immer wieder den Versuch zu unternehmen, den Traum, das Ersehnte, aber unmöglich Scheinende, das durch die Umstände nicht Begünstigte ungeachtet der Möglichkeit des Scheiterns durch gemeinschaftliche Anstrengung wahrzumachen.